Dokumentation
Verbotener Umgang
1993 standen die Braunauer Zeitgeschichtetage im Zeichen der Zwangsarbeit im NS-Regime. Filme, Gespräche mit Zeitzeug:innen und wissenschaftliche Beiträge machten Ausbeutung, Verdrängung und Erinnerung greifbar – und brachten lange verschwiegene Geschichten ans Licht.
Die 2. Braunauer Zeitgeschichtetage vom 23. bis 26. September 1993 standen unter dem Thema „Verbotener Umgang. Fremd- und Zwangsarbeit im Dritten Reich“. Im Mittelpunkt stand die systematische Ausbeutung von Millionen Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Kriegswirtschaft Zwangsarbeit leisten mussten.
1944 waren rund acht Millionen Fremdarbeiterinnen, Fremdarbeiter und Kriegsgefangene im Reich eingesetzt. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren katastrophal, die Todesraten hoch, der Kontakt zur Bevölkerung wurde auf ein Minimum beschränkt.
Film und Zeitzeug:innenberichte
Die Tagung begann mit einer Filmvorführung von Andrzej Wajdas „Eine Liebe in Deutschland“ im Stadtkino Braunau. Am Freitag folgte die Dokumentation „Der Reichseinsatz“ von Wolfgang Bergmann mit anschließendem Publikumsgespräch.
Ein besonderer Schwerpunkt lag auf Gesprächen mit ehemaligen Fremdarbeiter:innen und Kriegsgefangenen, die ihre persönlichen Erfahrungen schilderten und damit der abstrakten Zahl ein Gesicht gaben.
Wissenschaftliche Perspektiven
Am Samstag folgten Kurzvorträge von Historiker:innen, die die Dimensionen und Strukturen des Zwangsarbeitssystems während des Krieges aufzeigten. Die historischen Analysen machten deutlich, wie sehr Zwangsarbeit in alle Bereiche der Kriegswirtschaft eingebettet war – und wie bewusst Ausbeutung und Entmenschlichung organisiert wurden.
Erinnerung und Aufarbeitung
Im Rahmen der Tagung wurde auch das Buch „Wintergrün. Verdrängte Morde“ von Anna Rosmus vorgestellt, das die Verbrechen der NS-Zeit und deren lange Verdrängung in der Nachkriegsgesellschaft thematisiert. Damit wurde ein Bogen von individuellen Erinnerungen zu gesellschaftlicher Verantwortung und historischer Aufarbeitung gespannt.
Nachwirkungen
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Zwangsarbeit war 1993 noch von vielen Tabus und Schweigen geprägt. Die Braunauer Zeitgeschichtetage boten eine der ersten Plattformen in der Region, auf der Betroffene selbst zu Wort kamen und Wissenschaft, Öffentlichkeit und Erinnerungskultur in einen Dialog traten.
Infos
Programm 1993 1
Programm 1992 2