Dokumentation
Unfreiwilliger Held
2006 rückten die Zeitgeschichte-Tage den Buchhändler Johann Philipp Palm in den Mittelpunkt: Biografie, Prozess und Hinrichtung in Braunau, die Schrift "Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung", ihre Wirkung und Instrumentalisierung, dazu Rundgang und Ausstellung in der Herzogsburg.
Vom 22. bis 24. September 2006 widmeten sich die Zeitgeschichte-Tage im Kulturhaus GUGG der Figur des Nürnberger Buchhändlers Johann Philipp Palm und seiner Nachgeschichte zum 200. Gedenkjahr.
Eröffnet wurde die Tagung von Gerhard Skiba (Bürgermeister, Stadt Braunau am Inn) und Florian Kotanko (Obmann, Verein für Zeitgeschichte). Die wissenschaftliche Leitung lag bei Andreas Maislinger.
Biografie und Kontext
Geboren am 18. November 1766 in Schorndorf, lernte Johann Philipp Palm den Buchhandel bei seinem Onkel Johann Jakob Palm in Erlangen, wurde später Gehilfe in der Steinschen Buchhandlung in Nürnberg. Im Juli 1806 erschien in Palms Verlagsschrift das 144-seitige Pamphlet "Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung".
Hausdurchsuchungen folgten am 28. Juli und 4. August; Palm kehrte trotz Warnungen nach Nürnberg zurück, wurde am 14. August verhaftet und am 22. August in die Festung Braunau überstellt. Am 25. August 1806 wurde Palm zum Tode verurteilt; die Hinrichtung erfolgte am nächsten Tag. Die Autorschaft der Schrift blieb ungeklärt, verurteilt wurde Palm wegen ihrer Verbreitung.
Prozess, Rezeption und Erinnerungsorte
Bernt Ture von zur Mühlen führte in Leben und Wirkungsgeschichte Palms ein; Reinhard Heydenreuter skizzierte "Bayern, Frankreich und Österreich 1806", Michel Kerautret beleuchtete "Napoleon und Johann Philipp Palm".
Unter "Kurzer Prozess" rekonstruierte Katharina Obergottsberger das Verfahren; Wolfgang Burgdorf analysierte die zeitgenössische Wahrnehmung der Hinrichtung, Hans Göttler die Palm-Rezeption von 1806 bis heute.
Ein Rundgang zu Palm-Stätten mit Hans Blum, Werner Forster, Florian Kotanko und Hannes Waidbacher verband Lokalgeschichte und europäische Öffentlichkeit.
Die Ausstellung im Bezirksmuseum Herzogsburg veranschaulichte Biografie und Instrumentalisierungen Palms; in "Helden 1806 und heute" reflektierte Roland Girtler den Wandel des Heldenbegriffs. Die Schlussdiskussion bündelte Fragen von Verantwortung, Erinnerungspolitik und historischer Bildung.
Infos
Programm 2006