Dokumentation
Schwieriges Erbe
Die 20. Zeitgeschichte-Tage 2011 beleuchtete den Umgang mit der NS-Vergangenheit in europäischen Städten und Institutionen – von Braunau bis Dachau, von Gori bis Predappio – und fragte, wie Orte mit ihrem schwierigen historischen Erbe Verantwortung übernehmen können.
Vom 23. bis 25. September 2011 widmeten sich die 20. Braunauer Zeitgeschichte-Tage im Kulturhaus GUGG unter dem Titel "Schwieriges Erbe" der Frage, wie Gesellschaften mit belasteten Erinnerungen umgehen. Neunzehn Jahre nach den ersten Zeitgeschichtetagen unter dem Motto "Unerwünschtes Erbe" kehrte die Tagung zu ihren Anfängen zurück. Die wissenschaftliche Leitung lag bei Andreas Maislinger.
Zur Eröffnung begrüßten Bürgermeister Johannes Waidbacher, Florian Kotanko vom Verein für Zeitgeschichte und Barbara Prammer, Präsidentin des Österreichischen Nationalrats, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Anschließend eröffneten Albert Feiber vom Institut für Zeitgeschichte München und Cornelius Schwärzler vom Österreichischen Gedenkdienst mit ihrem Vortrag über den Obersalzberg nach 1945 den thematischen Rahmen der Tagung.
Vom schwierigen Erbe zum Lernort
Der Samstag stand im Zeichen der Erinnerung an NS-Täterorte, Zwangsarbeit und die Arbeit lokaler Initiativen. Martin Kranzl-Greinecker berichtete über die Entstehung einer Gedenkinitiative für Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder, während Florian Schwanninger den Weg vom Vertriebenenheim zum Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim nachzeichnete.
Franz Ottinger sprach über die Nachgeschichte der Munitionsfabrik Schlier, und Walter Grabert beleuchtete den „langen Schatten“ des Arztes Josef Mengele.
Kommunale Verantwortung und europäische Erinnerung
Am Nachmittag widmeten sich Beiträge aus verschiedenen Städten der Frage, wie Gemeinden mit NS-Vergangenheit umgehen. Bernhard Schoßig berichtete über die Entwicklung des Erinnerns in Dachau, Thomas Punkenhofer und Walter Hofstätter sprachen über Verantwortung und Gedenken in Mauthausen, Peter Koits und Robert Eiter stellten das „Welser Modell“ im Umgang mit braunen Flecken der Stadtgeschichte vor.
Stanislaw Meducki schilderte den Wandel im Bewusstsein der Bewohner von Kielce, Lasha Bakradze reflektierte das Stalin-Museum in Gori, und Giorgio Frassineti stellte Predappio als Ort der Aufarbeitung faschistischer Vergangenheit vor.
Vergessene Orte und neue Perspektiven
Am Sonntag beleuchtete Ludwig Laher die Geschichte der NS-Lager Weyer-St. Pantaleon im Bezirk Braunau, Edith Raim erinnerte an die vergessenen Dachauer Außenlager Kaufering und Mühldorf, und Peter Steinbach sprach über die Rezeption des Widerstands gegen den NS-Staat im politischen Erinnerungskampf.
Den Abschluss bildete ein Gespräch mit Branko Lustig, Oscarpreisträger und Produzent von "Schindlers Liste" und "Gladiator", geführt von Danijela Vrdoljak.
Die 20. Braunauer Zeitgeschichte-Tage 2011 zeigten, wie unterschiedlich europäische Städte mit ihrem schwierigen Erbe umgehen – zwischen Verdrängung, Aufarbeitung und lebendiger Erinnerungskultur.
Infos
Programm 2011