Dokumentation

Demokratie unter Druck

Wo enden, wo beginnen demokratische Handlungsspielräume? Eines der Themen der Zeitgeschichte-Tage 2023.
Wo enden, wo beginnen demokratische Handlungsspielräume? Eines der Themen der Zeitgeschichte-Tage 2023.

Rückblick auf die Zeitgeschichte-Tage 2023 in Braunau. Mit Beiträgen von Peter Huemer, Tamara Ehs, Martin Kreutner, Florian Wenninger und weiteren wurde die Fragilität demokratischer Systeme aus historischer und aktueller Perspektive diskutiert.

Die Braunauer Zeitgeschichte-Tage fanden am 29. und 30. September 2023 im Raiffeisen-Dienstleistungszentrum Braunau statt. Zur Eröffnung sprach Peter Huemer, Journalist, Publizist und ehemaliger ORF-Moderator („Club 2“, „Im Gespräch“), über die Strategien zur Zerstörung demokratischer Systeme – damals wie heute. Anhand historischer Beispiele zeigte er, wie leicht sich autoritäre Logiken durchsetzen, wenn demokratische Institutionen geschwächt sind.

Autoritarismus und digitale Öffentlichkeit

Im Anschluss stellte Florian Wenninger, Leiter des Instituts für Historische Sozialforschung in Wien und Koordinator des Forschungsprojekts „Repression in Österreich 1933–1938“, dar, wie sich polizeiliche Repression bereits in der Ersten Republik manifestierte. Er beschrieb die schrittweise Aushöhlung rechtsstaatlicher Strukturen und deren Übergang in die NS-Gewaltherrschaft.

Felix Butzlaff, Politikwissenschafter an der Central European University in Wien, thematisierte die Zukunft demokratischer Teilhabe. Er stellte die Frage, ob klassische Parteien noch tragfähige Kanäle der Repräsentation seien oder ob neue Formen – etwa Bürger:innenräte – stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden müssten.

Mit einem aktuellen Blick auf gesellschaftliche Herausforderungen verknüpfte Jonas Schaible, Journalist beim SPIEGEL (Berlin/Hamburg), die Klimakrise mit demokratischen Handlungsspielräumen. Er warnte vor populistischen Instrumentalisierungen und zeigte, wie Klimaschutz und Demokratie zusammengedacht werden können.

Korruption und politische Kultur

Ein weiterer Schwerpunkt galt der politischen Korruption als strukturellem Risiko. Martin Kreutner, ehemaliger Leiter der österreichischen Anti-Korruptionsbehörde und Gründungsdekan der International Anti-Corruption Academy (IACA), zeigte auf, wie systematische Vorteilsnahme demokratische Institutionen von innen heraus schwächt – durch fehlende Transparenz, Machtmissbrauch und parteipolitisch motivierte Vergabepraktiken.

Tamara Ehs, Politikwissenschafterin und Demokratieberaterin in Wien und Brüssel, analysierte die zunehmende Polarisierung der politischen Kommunikation. Sie warnte vor Strategien, die auf emotionale Zuspitzung setzen und damit sachliche Auseinandersetzung erschweren. Demokratische Kultur, so ihr Plädoyer, brauche Räume für differenzierten Dialog und nachvollziehbare Entscheidungen.

Am Samstagabend wurde im Kunstraum Valentinum eine Ausstellung mit Werken der von den Nationalsozialisten verfolgten Künstlerin Recha Kohn eröffnet. Ihre bewegende Lebensgeschichte – von der Flucht aus Frankfurt nach England bis zum künstlerischen Neuanfang in Wien – und ihre Werke setzten einen eindrücklichen Schlusspunkt unter eine vielschichtige Tagung.

Infos 2023

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Abstracts

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Präsentationen

Huemer


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